Aus Protest will der VSStÖ Salzburg aus dem Überraschnungskino nun eine “wissenschaftliche” Vorlesung machen
Seit dem Jahr 2012 veranstaltet der VSStÖ Salzburg im großen Hörsaal im Salzburger Unipark „Kino1 – Das Überraschungskino“, bei dem Studierende bei gratis Eintritt, gratis Getränken und Popcorn einmal im Monat einen Überraschungsfilm geboten bekommen (mehr Infos hier). Wenig überraschend erfreut sich die Veranstaltung stets großer Beliebtheit bei den Studierenden. Bis jetzt: Neuerdings findet die Uni Salzburg die Filmauswahl des Überraschungskinos nicht intellektuell bzw. kritisch genug und verbietet dem VSStÖ daher, das Überraschungskino wie gehabt durchzuführen. Sie beruft sich dabei zwar auf eine zweifelhafte Rechtsauffassung, hat die Veranstaltung aber nicht via Bescheid untersagt. Das Gesetz (Hochschüler_innenschaftsgesetz; kurz: HSG) sieht eine solche Untersagung via Bescheid vor, damit man sich auch gegen eine solche Entscheidung wehren kann. Dem VSSTÖ wurde aber nur formlos per E-Mail mitgeteilt, dass die Veranstaltung nicht gestattet sei. “Offenbar weiß der zuständige Vizerektor Feik als Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht sehr wohl, dass das Vorgehen der Universität in dieser Sache rechtlich durchaus fragwürdig ist. Sonst würde er sich nicht scheuen, einen Bescheid auszustellen. Die Angst vor einer Anfechtung scheint aber zu groß”, vermutet Tobias Neugebauer (VSStÖ-Mitglied) und ergänzt: “Es wird langsam Zeit, dass das Ministerium als Oberbehörde hier einschreitet.”
Inzwischen geht der Konflikt auch abseits des Rechtsstreits in eine neue Runde: Mit dem Vorstoß des VSStÖ, aus dem Überraschungskino nun eine „wissenschaftliche“ Veranstaltung zu machen, reagieren die Organisator_innen auf eine kürzliche Aussage von Elisabeth Werner, welche als Leiterin der Abteilung Zentrale Wirtschftsdienste für die Raumvergabe zuständig ist. Gegenüber dem Kurier erklärte sie, dass auch die Vorführung von so genannten Blockbustern genehmigt werden könnte, wenn es dazu eine Diskussion gäbe oder Handouts ausgeteilt würden. Letzteres wollen die Veranstalter_innen des Überraschungskinos nun tun.
Kino1 ist ab jetzt ein wertvoller Beitrag zum kritischen Medienkonsum, natürlich mit Popcorn und denselben Filmen wie bisher!
(Ivana Ristic, ÖH-Sprecherin des VSStÖ Salzburg & gf. Vorsitzende der ÖH Salzburg)
Willkür der Universität ad absurdum führen
„Wir werden auch weiterhin für unser Recht kämpfen, werden in einem weiteren Schritt aber einmal das absurde Spiel der Universität mitspielen. Wir machen aus dem Überraschungskino ab jetzt eine wissenschaftliche Vorlesung. In Zeiten, in denen Bob Dylan den Nobelpreis für Literatur erhält, sollte auch der Uni klar sein, dass in allen Kulturformen auch Kunst steckt, und Politik sowieso. Ab jetzt werden wir bei jeder Veranstaltung ein Handout mit analytischen Fragen zum gezeigten Film austeilen. Inwiefern stehen Kameraführung und Bildsprache im Einklang mit dem Narrativ des Films? Nimmt die Story Anleihen in der reichen Geschichte der Literatur von Homer bis Jelinek?“, erklärt der VSStÖ-Vorsitzende Dominik Schlair. Als politische Studierendenvertretung sei es jedoch auch wichtig, Filme kritisch zu hinterfragen, wie die ÖH-Sprecherin des VSStÖ Salzburg Ivana Ristic zusätzlich betont: „Welches Frauenbild vermittelt der gezeigte Film? Entspricht es dem Anspruch einer modernen und aufgeklärten Gesellschaft? Werden im gezeigten Film pathologischen Auswüchse des Kapitalismus kritisch dargestellt? Solche Fragen. Unter den besten Antworten werden wir dann den gezeigten Blockbuster verlosen. Kino1 ist ab jetzt ein wertvoller Beitrag zum kritischen Medienkonsum, natürlich mit Popcorn und denselben Filmen wie bisher!“
Die Universität Salzburg handelt unserer Meinung nach willkürlich.
(Tobias Neugebauer, VSStÖ-Mitglied)
Studierendenvertreter wollen juristisch gegen die Uni vorgehen
Ungeachtet dessen sieht der VSStÖ Salzburg seitens der Universität einen rechtswidrigen Eingriff in die Sphäre der Hochschulpolitik und will notfalls auch juristisch dagegen vorgehen. „Die Universität Salzburg handelt unserer Meinung nach willkürlich, die Gesetze werden als Leitlinien, nicht aber als verbindlich Anordnungen betrachtet. Das HSG (Anm.: Hochschüler_innenschaftsgesetz) schreibt eindeutig vor, dass Veranstaltungen von Studierendenvertreter_innen nur untersagt werden können, wenn Räume fehlen und der Lehr- oder Forschungsbetrieb nicht sichergestellt werden kann. Warum das bei einem Film wie ‚Monsieur Claude‘ oder ‚Frozen‘ der Fall sein soll, bei einem Dokumentationsfilm aber nicht, soll mir mal einer erklären“, so Tobias Neugebauer (VSStÖ).
Die Universität beruft sich auf eine Verordnung des Rektorats, wonach ‚Blockbuster‘ nur an der Nawi (Naturwissenschaftlichen Fakultät) vorgeführt werden dürfen und im Unipark Nonntal ausschließlich jene Filme gezeigt werden können, die nach Ansicht des Rektorats studierendenrelevant sind. Dem entgegen steht einerseits der Wortlaut des Gesetzes, als auch ein Gutachten des Experten für Hochschulrecht Mag. Dr. Stefan Huber LL.M, wonach die Universität keine inhaltlichen Einschränkungen für Veranstaltungen vorgeben darf. Außerdem besagt das Hochschüler_innengesetz selbst, dass neben studienspezifischen Aspekten auch kulturelle, sportliche und soziale Anliegen in den Aufgabenbereich von Studierendenvertreter_innen fallen. Laut Huber fallen darunter daher auch alle Veranstaltungen, die allein der „Belustigung dienen“.
In Zeiten, in denen Bob Dylan den Nobelpreis für Literatur erhält, sollte auch der Uni klar sein, dass in allen Kulturformen auch Kunst steckt, und Politik sowieso
(Dominik Schlair, Vorsitzender des VSStÖ Salzburg)
Fotos: Ludwig Seidl